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Die Straftat

Das Strafgesetzbuch (StGB) regelt, was nach deutschem Recht strafbar ist. Der Täter muss den gesetzlichen Tatbestand verwirklichen und dabei rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben. Rechtswidrig hat er gehandelt, wenn er keinen rechtfertigenden Grund hatte, z.B. Notwehr. Für eine schuldhafte Handlung muss Schuldfähigkeit vorliegen. Diese kann beispielsweise bei einer schweren psychischen Störung oder aufgrund starker Alkoholisierung oder Drogeneinfluss fehlen.

 

Verbrechen – Vergehen?


Nicht jede Straftat ist im juristischen Sinne ein Verbrechen. Ein Verbrechen liegt nur dann vor, wenn die gesetzliche Mindeststrafe bei einem Jahr oder darüber liegt. Ansonsten spricht das deutsche Strafrecht von einem Vergehen.

 

Vorsätzlich oder fahrlässig?


Jeder Tatbestand setzt voraus, dass bestimmte Merkmale (Handlungen und Ergebnisse) erfüllt sind. Hierbei spricht man vom objektiven Tatbestand. Bei einer Körperverletzung wird zum Beispiel ein Mensch durch einen anderen verletzt. Der Täter muss auch eine bestimmte innere Einstellung zur Handlung gehabt haben. Das nennt man den subjektiven Tatbestand. Grundsätzlich fordert das Strafrecht, dass ein Tatbestand vorsätzlich ("Wissen und Wollen") verwirklicht wurde. Für die Körperverletzung bedeutet das: Der Täter muss wissen, dass seine Handlung einen anderen verletzt und er muss dies auch wollen.Dazu reicht es auch aus, wenn der Täter „billigend in Kauf nahm”, dass seine Handlung einen bestimmten Erfolg herbeiführte. In diesem Fall hielt er die Verwirklichung des Tatbestandes also ernstlich für möglich und fand sich mit ihr ab.

 

Daneben gibt es einige Delikte, die auch fahrlässig verwirklicht werden können. Der Täter muss in diesen Fällen nicht mit Vorsatz, also Wissen und Wollen, gehandelt haben. Der Täter hat dann nicht sorgfältig und aufmerksam gehandelt und dadurch eine Straftat begangen. Eine Körperverletzung kann beispielsweise auch fahrlässig begangen werden.

 

Versucht oder vollendet?

Eine Straftat ist vollendet, wenn der Täter alle Inhalte eines Tatbestands erfüllt hat. Allerdings handelt auch derjenige strafbar, der mit der Tat beginnt und sie auch vollenden will. Das heißt: Wer einen anderen Menschen verletzen will und mit der Tat beginnt, der unternimmt einen Versuch – auch beispielsweise wenn das Opfer entkommen kann und letztlich nicht verletzt wird. Der Versuch kann ebenfalls strafbar sein. Das ist er immer dann, wenn es sich um ein Verbrechen handelt (Mindeststrafe von einem Jahr.) Außerdem ist der Versuch auch strafbar, wenn der Gesetzgeber dies festgelegt hat. Das gilt zum Beispiel für Körperverletzung, Missbrauchsdelikte, Nötigung, Diebstahl und Betrug.

Anzeige und Strafantrag

An wen kann ich mich als Opfer einer Straftat wenden?


Jeder kann Anzeige bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder dem Amtsgericht erstatten, wenn er von einer begangenen Straftat erfahren hat. Um Anzeige erstatten zu können, muss man also nicht selbst Opfer der Straftat gewesen sein. Auch die Angehörigen und Freunde von Opfern einer Straftat sowie jeder Zeuge kann Anzeige erstatten. Die Anzeige kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Um die Ermittlungen zu erleichtern, ist es sinnvoll, bei der Anzeigeerstattung möglichst umfassende und vollständige Angaben zu machen – zum Beispiel mögliche andere Zeugen zu benennen. Außerdem sollte man mögliche Beweise vorlegen. Eine Anzeige kann auch erstattet werden, wenn der Täter nicht bekannt ist. Man muss als Privatperson keine Strafanzeige erstatten. Anders ist das nur, wenn man von der Planung bestimmter schwerer Taten (z.B. Mord, Raub) erfährt.

Mitarbeiter des WEISSEN RING, einer anderen Opferhilfeeinrichtung oder andere Vertrauenspersonen können das Opfer zur Anzeigeerstattung begleiten und unterstützen.
Sind Sie im europäischen Ausland Opfer geworden, können Sie in Deutschland Anzeige erstatten.

 

Wie sieht eine Anzeige aus?


Eine Anzeige muss wahrheitsgetreu sein und sollte möglichst genau den Ablauf der Tat schildern. Auch wenn nicht zu allen Punkten Angaben gemacht werden können, ist eine Anzeige möglich. Gegen einen unbekannten Täter kann auch Anzeige erstattet werden. Dabei sind Angaben zu folgenden Fragen hilfreich:

 

  • Was ist passiert?
  • Wie ist es passiert?
  • Wo ist es passiert?
  • Wann ist es passiert?
  • Wem ist es passiert?
  • Wer hat die Tat begangen?
  • Wer hat etwas gesehen?
  • Was wurde bereits veranlasst?

Eine Anzeige kann schriftlich oder mündlich (teilweise auch online) erstattet werden. Ein Opfer, das der deutschen Sprache nicht mächtig ist, erhält Unterstützung bei der Anzeigenerstattung in einer ihm verständlichen Sprache. Mit der Aufnahme der Anzeige wird ein Aktenzeichen angelegt. Dieses Aktenzeichen wird im Laufe des Strafverfahrens benötigt, beispielsweise bei weiterem Schriftverkehr, zur Nachreichung von Schadensaufstellungen, zum Nachweis der Anzeigenerstattung gegenüber Versicherungen oder für einen Anruf bei dem polizeilichen Sachbearbeiter. Deshalb sollte man sich das Aktenzeichen immer notieren und gegebenenfalls danach fragen.
Als Opfer erhält man auf Antrag eine schriftliche Bestätigung seiner Strafanzeige in verständlicher Sprache. Diese enthält Angaben zur Tatzeit, dem Tatort und der angezeigten Straftat.

 

Kann ich bei einer Anzeige anonym bleiben?


Zum Schutz des Opfers oder anderer Personen, darf das Opfer einer Straftat seine Wohnadresse verschweigen und eine andere Adresse angeben, an die ihm Schriftstücke zugestellt werden können. Dies kann zum Beispiel die Adresse eines Rechtsanwalts sein. Die Wohnadresse erscheint in diesem Fall nicht in den Akten.

Wenn eine Gefährdung für Leib, Leben oder Freiheit des Zeugen besteht, kann in besonders schweren Fällen auf die Angabe sämtlicher Identitätsdaten verzichtet werden. Diese werden dann getrennt von den Strafakten bei der Staatsanwaltschaft aufbewahrt.

Es ist auch möglich, der Polizei einen anonymen Hinweis zu geben. Die Polizei ist dazu verpflichtet, den Hinweis zu überprüfen.

 

Muss ich sofort nach der Straftat eine Anzeige machen?


Grundsätzlich kann man eine Straftat immer zur Anzeige bringen. Eine Frist zur Anzeigeerstattung gibt es nicht.

Allerdings unterliegen alle Straftaten außer Mord der Verjährung. Die Verjährungsfristen liegen zwischen 3 und 30 Jahren. Der Beginn der Verjährungsfrist kann je nach Straftat oder Alter des Opfers unterschiedlich sein. Zum Beispiel beginnt die Verjährungsfrist bei sexuellem Kindesmissbrauch nach neuem Recht erst ab Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers. Im Einzelfall kann eine rechtliche Beratung erforderlich sein. Nach Ablauf der Verjährungsfrist dürfen die Straftaten nicht mehr verfolgt werden.

Falls Sie sich nicht sicher sind, ob Sie eine Anzeige erstatten möchten, informieren Sie sich oder holen Sie sich bei einer Opferhilfeeinrichtung, zum Beispiel dem WEISSEN RING, Unterstützung.

Wenn Sie sich dazu entschieden haben, eine Anzeige zu erstatten, ist es empfehlenswert, dies möglichst bald zu tun. Denn dann können das Ermittlungsverfahren und auch die Beweisaufnahme zeitnah beginnen. Gerade bei körperlichen Übergriffen ist es wichtig, dass die Beweisaufnahme unmittelbar erfolgen kann. Deshalb ist es ratsam, nach einem Übergriff sofort einen Arzt, ein Krankenhaus oder eine Polizeidienststelle aufzusuchen, um die Verletzungen dokumentieren zu lassen.

Adressen und weitere Informationen über anonyme bzw. anzeigenunabhängige Spurensicherung erhalten Sie hier.

 

Was ist ein Strafantrag und wie lange kann ich ihn stellen?


Es gibt bestimmte Delikte, die nur dann verfolgt werden, wenn das Opfer einen Strafantrag stellt, also ausdrücklich sagt, dass eine Strafverfolgung gewünscht wird. Dann spricht man von einem Antragsdelikt.
Wann ein Antragsdelikt vorliegt, bestimmt das Strafgesetzbuch, d.h., bei diesen Straftaten bestimmt das Gesetz, dass ein Strafantrag erforderlich ist. Solche Taten sind z.B. Sachbeschädigung, Beleidigung und Hausfriedensbruch. Der Strafantrag kann nur vom Opfer, in manchen Fällen auch von seinen Angehörigen gestellt werden. Er kann sofort oder später gestellt werden. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass eine Frist von 3 Monaten grundsätzlich einzuhalten ist. Diese Frist beginnt erst zu laufen, wenn Sie sowohl von der Tat als auch von dem Täter Kenntnis haben. Der Antrag kann auch zurückgenommen werden. In diesem Fall darf die Strafverfolgungsbehörde nicht weiterermitteln und stellt das Verfahren ein. Für bestimmte Antragsdelikte hingegen ist im Gesetz geregelt, dass die Strafverfolgung aber fortgeführt werden darf, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung festgestellt wird. Ein einmal zurückgenommener Antrag kann allerdings nicht erneuert werden.

 

Kann die Polizei oder die Staatsanwaltschaft eine Verfolgung einer Straftat ablehnen?


Wie die Behörden auf den Verdacht einer Straftat reagieren müssen, hängt davon ab, um was für ein Delikt es sich handelt.

Die meisten Delikte sind sogenannte Offizialdelikte. Hier gilt: Erfahren die Behörden davon, dass der Verdacht besteht, dass ein Offizialdelikt begangen wurde, sind sie verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen und den Sachverhalt zu erforschen. 

Anders verhält es sich wie geschildert bei den Antragsdelikten. Wenn der Antrag zurückgenommen wird, wird das Verfahren eingestellt. Das gilt aber nur für das Antragsdelikt. Wenn daneben gleichzeitig ein Offizialdelikt vorliegt, werden die Ermittlungen fortgeführt.

Wichtig: Wenn man einen Strafantrag zurücknimmt, kann es passieren, dass man Kosten des Verfahrens tragen muss.

Als Faustformel kann man sich merken:
Je schwerer das Delikt, desto eher ist es ein Offizialdelikt.


Bei der Anzeigeerstattung werden Sie auf Ihre Rechte innerhalb und außerhalb des Strafverfahrens hingewiesen:


Sie müssen beispielsweise hingewiesen werden auf Ihr Recht einen Strafantrag zu stellen, einen Anwalt zu beauftragen, einen psychosozialen Prozessbegleiter in Anspruch zu nehmen oder in bestimmten Fällen Ihre Zulassung als Nebenkläger zu beantragen.

Das Ermittlungsverfahren

Was geschieht,
nachdem ich eine Anzeige erstattet habe?


Haben die Strafverfolgungsbehörden von dem Verdacht einer Straftat erfahren, beginnt das Ermittlungsverfahren. Das Ermittlungsverfahren leitet die Staatsanwaltschaft, unterstützt durch die Polizei. Dabei ist sie zu Objektivität und Neutralität verpflichtet. Sie ermittelt sowohl den Täter belastenden als auch die ihn entlastenden Umstände. Am Ende des Ermittlungsverfahrens wird entweder Anklage bei Gericht erhoben, ein Strafbefehl erlassen (steht einer Verurteilung gleich) oder das Verfahren wird eingestellt.

Eine wichtige Aufgabe des Ermittlungsverfahrens ist die Beweissicherung. Dazu stehen der Staatsanwaltschaft bestimmte Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung. Für die Erforschung des Sachverhalts können insbesondere folgende Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt werden:

  • Vernehmung des Beschuldigten, des Opfers und der Zeugen
  • Sichten von Beweismitteln (zum Beispiel Briefe, Fotos, SMS)
  • Besichtigung und Spurensicherung am Tatort
  • Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen
  • Haus- und Personendurchsuchungen
  • Observationen

 

Die Rolle des Opfers im Ermittlungsverfahren

Als Opfer ist man ein wichtiger Zeuge im Verfahren und wird deshalb bereits im Ermittlungsverfahren vernommen, um die nötigen Beweise zu sichern. Diese Vernehmung erfolgt entweder durch die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder den Ermittlungsrichter bei Gericht. Wird man als Zeuge geladen und wurde die Ladung von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben, ist man verpflichtet zu erscheinen, ansonsten droht ein Ordnungsgeld oder eine polizeiliche Vorführung. Man ist verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. In bestimmten Fällen gibt es jedoch das Zeugnisverweigerungsrecht oder das Auskunftsverweigerungsrecht.

Ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht, wenn man mit dem Beschuldigten verlobt oder verheiratet ist oder war, verschwägert oder in bestimmter Weise verwandt ist. Es besteht auch, wenn man mit ihm in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt oder gelebt hat. Ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht außerdem, wenn man einer beruflichen Schweigepflicht unterliegt, die zur Verschwiegenheit verpflichtet (z.B. Arzt, Seelsorger, Psychologe).

Ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht, wenn eine Aussage den Zeugen selbst oder einen seiner Angehörigen in die Gefahr bringen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Vor jeder Vernehmung wird man als Zeuge über seine Rechte und Pflichten belehrt.

 

Ihre Rechte als Opfer im Ermittlungsverfahren
Recht auf frühzeitige, regelmäßig schriftliche Information in einer verständlichen Sprache über Ihre Rechte im Strafverfahren:
  • auf Antrag, Mitteilung über die Einstellung des Verfahrens zu erhalten
  • auf Antrag, Mitteilung über Ort und Zeitpunkt der Hauptverhandlung sowie der gegen den Angeklagten erhobenen Beschuldigungen zu erhalten
  • auf Antrag, Mitteilung über den Ausgang des Gerichtsverfahrens zu erhalten
  • eine Tat anzuzeigen oder einen Strafantrag zu stellen
  • die Nebenklage zu beantragen
  • die Beiordnung als Opferanwalt oder Prozesskostenhilfe zu beantragen
  • einen Antrag auf einen Dolmetscher und Übersetzungen i, Strafverfahren zu stellen
  • einen Antrag zu stellen um Schadensersatz- oder Schmerzensgeldforderungen innerhalb des Strafverfahrens geltend zu machen
  • einen Antrag auf Zeugengelderstattung zu stellen
  • an einem Täter-Opfer-Ausgleich teilzunehmen.
  • dass Ihnen persönliche Fragen nur gestellt werden dürfen, wenn es unerlässlich ist
  • dass der Angeklagte während Ihrer Vernehmung aus dem Sitzungsaal entfernt werden kann oder eine Videovernehmung möglich ist
  • dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann während Ihrer Vernehmung
  • dass es für minderjährige Opfer die Möglichkeit gibt, die Vernehmung auf Video aufzunehmen, das das dann in der Hauptverhandlung vorgespielt wird.
  • dass minderjährige Opfer grundsätzlich nur durch den Richter befragt werden
  • auf Antrag, Information darüber ob der Verurteilte ein Kontaktverbot erteilt worden ist
  • auf Antrag, ob freiheitsentziehende Maßnahmen gegen den Täter angeordnet sind, oder beendet werden
  • auf Antrag, ob dem Täter Hafturlaub oder Vollzugslockerungen gewährt wurden
  • auf Antrag, ob der Täter aus der Haft geflohen ist und welche Maßnahmen zu Ihren Schutz getroffen wurden

 

 


Recht auf frühzeitige, möglichst schriftliche Information in verständlicher Sprache über folgende Rechte außerhalb des Strafverfahrens:

 

  • Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche in einem Zivilverfahren geltend zu machen und bei Vorlage der Voraussetzungen dafür Prozesskostenhilfe zu beantragen
  • einen Gewaltschutzantrag zu stellen
  • einen Antrag nach dem Sozialen Entschädigungsrecht (SER) zu stellen
  • Entschädigungsansprüche aus Verwaltungsvorschriften des Bundes oder der Länder geltend machen
  • Unterstützung durch Opferhilfeeinrichtungen zu erhalten

Rechte bei einer polizeilichen Vernehmung als Zeuge:
  • Recht auf Belehrung über Rechte und Pflichten
  • Recht auf Begleitung durch eine Vertrauensperson
  • Möglichkeit eines anwaltlichen Beistands
  • Zeugnisverweigerungsrecht und Auskunftsverweigerungsrecht
  • Bei Bedarf Unterstützung durch einen Dolmetscher

 

 

Recht auf frühzeitige, regelmäßig schriftliche Information in verständlicher Sprache auf Ihre Rechte als Nebenkläger:

 

 

  • bereits im Ermittlungsverfahren einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
  • Anwesenheitsrecht während der gesamten Hauptverhandlung
  • Anwesenheitsrecht Ihres Rechtsanwalts in der Hauptverhandlung
  • die Beiordnung eines Opferanwalts oder Prozesskostenhilfe zu beantragen

 

 

Akteneinsicht:

Mit Hilfe eines Rechtsanwalts kann jedes Opfer die Akteneinsicht oder -auskunft beantragen, sofern ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden kann. Bestimmte Opfer können Akteineinsicht nehmen ohne ein berechtigtes Interesse darzulegen. Näheres hierzu finden sie unter dem Stichwort Nebenklage. Die Akteneinsicht wird abgelehnt, wenn schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Sie kann versagt werden, wenn hierdurch der Untersuchungszweck (auch der eines anderen Strafverfahrens) gefährdet oder das Verfahren erheblich verzögert würde. Wird die Akteneinsicht versagt, muss dies durch einen Bescheid mitgeteilt werden.

 

 

Die Staatsanwaltschaft oder der Richter können auch ohne Einschaltung eines Rechtsanwaltes dem Opfer auf Antrag Auskünfte aus den Strafakten erteilen oder Abschriften aushändigen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wurde. Wichtig ist in jedem Fall, dass die dadurch erlangten Informationen nur zu dem Zweck benutzt werden dürfen, für den die Einsicht gewährt wurde.

Nebenklage

Eine Nebenklage gibt dem Verletzten die Möglichkeit, mit besonderen Rechten am Ermittlungs- und Strafverfahren teilzunehmen. Dazu muss eine sogenannte Nebenklagebefugnis bestehen. In welchen Fällen dieses Recht besteht, beschreibt das Gesetz.

Die Nebenklagebefugnis liegt unter anderem vor, wenn man Opfer eines bestimmten Delikts geworden ist. Hierzu gehören zum Beispiel Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung (sexueller Missbrauch von Kindern, Vergewaltigung, sexueller Übergriff u.a.), Mord, Totschlag, vorsätzliche Körperverletzungsdelikte, Menschenhandel, oder Nachstellung (Stalking). Ausnahmsweise kann man auch als Verletzter eines anderen Delikts nebenklagebefugt sein, wenn besondere Gründe vorliegen – etwa wegen der schweren Folgen der Tat. Sollte das Opfer einer Straftat verstorben sein, steht die Nebenklagebefugnis den Eltern, Kindern, Geschwistern, Ehegatten oder Lebenspartnern zu.

Bereits die Nebenklagebefugnis berechtigt das Opfer zur Akteneinsicht über einen Rechtsanwalt. Ein berechtigtes Interesse muss in diesem Fall nicht dargelegt werden.

Ein Nebenkläger schließt sich einer von der Staatsanwaltschaft erhobenen Klage an. Eine Nebenklage kann schon von Beginn des Ermittlungsverfahrens an beantragt werden. Sie kann auch noch nach der Urteilsverkündung erfolgen. Damit besteht für den Nebenkläger die Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen.

Für die Nebenklage ist eine schriftliche Anschlusserklärung beim Gericht notwendig. Es besteht auch die Möglichkeit diese Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts zu geben. Einer Begründung bedarf es nicht. Gegen eine Ablehnung der Nebenklage kann man Beschwerde einlegen.

Die Nebenklage dient der Verbesserung der Rechte des Geschädigten im Strafverfahren. Sie gibt dem Geschädigten die Gelegenheit, die eigenen Rechte aktiv zu vertreten und dem Straftäter nicht nur als Opfer passiv gegenüberzutreten. Diese aktive Rolle hilft häufig bei der Bewältigung der Folgen der Straftat.

War der Täter bei der Tat noch nicht 18 Jahre alt, ist die Nebenklage nur in Ausnahmefällen möglich . Zu diesen Ausnahmen zählen vor allem Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung. Außerdem muss das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt worden sein. Die Gefahr einer solchen Schädigung reicht aus.

 

 

Zusätzliche Rechte des Nebenklägers:

 

 

  • Akteneinsicht ohne den Nachweis eines berechtigten Interesses.
    • Übersetzung der schriftlichen Unterlagen, die erforderlich sind, um die Rechte ausüben zu können, wenn das Opfer nicht ausreichend deutsch spricht.
    • Ladung zur Hauptverhandlung in einer verständlichen Sprache
  • Recht auf Anwesenheit während der gesamten Verhandlung, auch wenn das Opfer als Zeuge vernommen werden soll. Zeugen dürfen in der Regel noch nicht zuhören, bevor sie ausgesagt haben, um möglichst unbeeinflusst zu berichten. Auch ihr Anwalt darf während der gesamten Hauptverhandlung anwesend sein, selbst wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird.
  • Fragerecht
  • Beweisantragsrecht
  • Beanstandungsrecht bezüglich Anordnungen des vorsitzenden Richters und von Fragen
  • Recht zur Abgabe von Erklärungen beispielsweise zum Ergebnis einer Beweisaufnahme
  • Befugnis zur Ablehnung eines Richters oder eines Sachverständigen wegen Befangenheit
  • Recht auf Beteiligung an den Schlussvorträgen
  • Rechtsmittelbefugnis: gegen einen Freispruch, gegen das Urteil (in eingeschränktem Umfang) und gegen die Nichteröffnung des Hauptverfahrens
  • Bei den Opfern bestimmter Delikte besteht zusätzlich das Recht auf die Bestellung eines anwaltlichen Beistands als Opferanwalt. Alle anderen Nebenklageberechtigten können unter den gesetzlichen Voraussetzungen Prozesskostenhilfe für die Kosten des Anwalts beantragen.
  • Jede zur nebenklage berechtigten Opfer, dass der deutschen Sprache nicht mächtig, kann auf Antrag ein Dolmetscher zur Seite gestellt werden.

 

 

 

 

 

Kostenrisiko

Wird der Täter verurteilt, muss er die Kosten für die Nebenklage tragen. Hat der Täter allerdings kein Geld, besteht das Risiko, dass das Opfer die Kosten seines eigenen Anwalts selbst tragen muss. Bei einem Freispruch des Beschuldigten oder einer Verfahrenseinstellung besteht ein Kostenrisiko für den Nebenkläger. Die gesetzlichen Gebühren eines beigeordneten Opferanwalts trägt der Staat jedoch immer.

 

 

 

Opferanwalt für Nebenkläger

Bei bestimmten Straftaten muss dem Opfer alleine auf seinen Antrag hin ein Anwalt für das ganze Verfahren beigeordnet werden. Dies gilt unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Opfers. Der Opferanwalt steht dem Opfer bereits bei den Vernehmungen durch die Polizei zur Seite. Der Staat übernimmt in diesem Fall die gesetzlichen Gebühren. Ein solcher Opferanwalt für Nebenkläger kommt beispielsweise in Betracht bei:

  • Mord und Totschlag
  • Schwere Sexualstraftaten
  • Menschenhandel
  • Bestimmten Taten wie etwa schwere Körperverletzung, Raub und Erpressung, die eine schwere körperliche und seelische Schädigung des Opfers ausgelöst haben oder voraussichtlich auslösen werden
  • Bei Minderjährigen, die bestimmten schweren Straftaten zum Opfer gefallen sind
  • Bei Personen, die bestimmten schweren Taten zum Opfer gefallen sind und ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen können
  • Beim Tod des Opfers steht auch den nahen Angehörigen ein solcher Anspruch zu
Prozesskostenhilfe

Wenn kein Opferanwalt beigeordnet werden kann, kann der Verletzte Prozesskostenhilfe beantragen. Diese Möglichkeit besteht, wenn

  • die Berechtigung zur Nebenklage besteht
  • und der Verletzte seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann
  • oder wenn es dem Verletzten nicht zuzumuten ist

Voraussetzung ist außerdem, dass der Verletzte die Kosten nach eigenen nach eigenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann. Dies ist auch der Fall, wenn er die Kosten nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird bei dem zuständigen Gericht gestellt. Dabei ist auch die persönliche und finanzielle Situation offenzulegen. Bei einer positiven Entscheidung des Gerichtes gehen die Anwaltskosten entweder vollständig zu Lasten der Staatskasse oder sind in Monatsraten vom Nebenkläger zurückzuzahlen.

Den Antrag hierzu finden Sie unter Formulare und Dokumente

Ermittlungen abgeschlossen: Was macht die Staatsanwaltschaft?

Was geschieht nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens?

Am Ende des Ermittlungsverfahrens hat die Staatsanwaltschaft verschiedene Möglichkeiten. Sie kann Anklage erheben
oder das Verfahren einstellen.

1. Anklageerhebung
Die Staatsanwaltschaft erhebt grundsätzlich Anklage, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung besteht.

2. Verfahrenseinstellung
Das Verfahren kann auf verschiedene Arten eingestellt werden.

Verfahrenseinstellung
Einstellung bei fehlendem hinreichenden Tatverdacht:
  • Das Verfahren wird eingestellt, wenn sich der Verdacht nicht bestätigt hat. Das ist der Fall, wenn die Ermittlungen gezeigt haben, dass der Verdächtige die angelastete Tat nicht begangen hat oder der Verdacht wegen Mangels an Beweisen nicht bestätigt werden kann. Möglich ist aber auch, dass eine Strafverfolgung aus rechtlichen Gründen nicht zulässig ist (Verjährung, fehlender Strafantrag).

 

Einstellung bei mehreren Taten:

 

  • Das Verfahren kann auch eingestellt werden, wenn der Täter wegen einer anderen Straftat bereits zu einer Strafe oder einer sogenannten Maßregel der Besserung und Sicherung verurteilt wurde und die in Aussicht stehende Strafe daneben nicht mehr ins Gewicht fallen würde. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn ein Täter mehrere schwere Raubüberfälle begangen hat und dabei an einem Tatort eine einfache Sachbeschädigung begangen hat.

 

Einstellung ohne Auflagen:

 

  • Eine Einstellung ohne Auflagen kommt in Betracht, wenn dem Beschuldigten nur „geringe Schuld” zukommt. Dies ist der Fall, wenn er weniger kriminelle Energie einsetzte oder einen geringeren Schaden verursacht hat als bei vergleichbaren Vergehen typisch ist. Außerdem darf kein öffentliches Interesse an einer weiteren Strafverfolgung bestehen. Eine derartige Einstellung kann durch die Staatsanwaltschaft erfolgen oder durch das Gericht. Ist die Klage bereits erhoben, kann das Gericht in jedem Verfahrensabschnitt eine Einstellung ohne Auflagen anordnen.

 

Einstellung mit Auflagen:

 

  • Das Verfahren kann vorläufig eingestellt und dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen (zum Beispiel Antiaggressionstraining oder Zahlung von Geldauflagen) erteilt werden. Typische Fälle dafür sind Eigentums- und Vermögensdelikte oder leichte Verkehrsstraftaten. Wenn der Beschuldigte die Auflagen oder Weisungen nicht erfüllt, wird Anklage erhoben beziehungsweise das Verfahren weitergeführt. Sind alle Auflagen und Weisungen vollumfänglich erfüllt wird das Verfahren endgültig eingestellt.

 

 

Welche Folgen hat eine Einstellung?

Wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren ohne Auflagen eingestellt hat, kann sie es wieder eröffnen. Wenn das Gericht das Verfahren eingestellt hat, kann nur dann ein Verfahren wiedereröffnet werden, wenn neue Beweise oder Tatsachen aufgetaucht sind. Wenn das Verfahren nur unter Auflagen oder Weisungen eingestellt wurde und diese Auflagen oder Weisungen (zum Beispiel keine Teilnahme am Antiaggressionstraining oder keine Zahlung der Geldauflage) nicht erfüllt werden, kann die Straftat weiter verfolgt werden.

 

 

Die Einstellung des Verfahrens erfolgt durch Beschluss.

 

Kann eine Einstellung auch noch nach Erhebung der Anklage durchgeführt werden?

Das Gericht kann jederzeit das Verfahren einstellen, also auch dann, wenn bereits die Hauptverhandlung begonnen hat.

 

Rechte bei der Einstellung des Verfahrens wenn sich der Verdacht nicht bestätigt hat.

Werde ich als Opfer gefragt, ob ich der Einstellung zustimme, oder kann ich mich dagegen wehren?

Die Einstellung des Verfahrens nach den eben beschriebenen Gründen ist unabhängig von der Zustimmung des Opfers. Allerdings sollen dabei die Opferinteressen berücksichtigt werden.
Was kann ich als Opfer in diesen Fällen gegen eine Einstellung des Verfahrens tun?
Erfolgt die Einstellung, weil sich der Verdacht gegen den Täter nicht bestätigt hat, muss die Entscheidung begründet werden und dem Beschuldigten sowie Anzeigeerstatter, mitgeteilt werden. Wenn das Opfer selbst den Antrag gestellt hat, muss es darüber belehrt werden, dass die Verfahrenseinstellung mit einer Beschwerde angefochten werden kann.

 

Diese sogenannte Einstellungsbeschwerde muss innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der Einstellungsbenachrichtigung erhoben werden. Dazu muss eine schriftliche Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, in der anzugeben ist, warum die Einstellung fehlerhaft erfolgt ist. Die Beschwerde kann allein oder mithilfe eines Rechtsanwalts eingereicht werden. Der Staatsanwalt prüft die Beschwerde. Wenn er die Beschwerde für nicht gerechtfertigt hält, legt er sie dem Generalstaatsanwalt vor. Dieser kann die Einstellung des Verfahrens zurücknehmen oder sogar selbst Anklage vor Gericht erheben. Falls die Staatsanwaltschaft und die Generalstaatsanwaltschaft die Beschwerde ablehnen, gibt es in manchen Fällen die Möglichkeit des Klageerzwingungsverfahrens. Für dieses Verfahren gibt es besondere Fristen und Formvorschriften.

Eine weitere Möglichkeit trotz einer Einstellung der Staatsanwaltschaft eine Hauptverhandlung zu erreichen ist die Privatklage. Diese Klage ist aber nur bei bestimmten Delikten zulässig wie dem Hausfriedensbruch, der Beleidigung, einer einfachen oder fahrlässigen Körperverletzung oder einer Sachbeschädigung.

 

Besondere Verfahrensarten

Es gibt besondere Verfahrensarten, die auf den folgenden Seiten näher erläutert werden:

 

Klageerzwingungsverfahren

Hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt und ist die Beschwerde erfolglos, kann bei bestimmten Delikten innerhalb eines Monats beim zuständigen Oberlandesgericht die gerichtliche Entscheidung beantragt werden (Klageerzwingungsverfahren).
Der Antrag muss von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein und die Tatsachen enthalten, die die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen und Beweismittel angeben. Wer Erfolg im Klageerzwingungsverfahren hatte, darf Nebenklage erheben. Sofern die Klage erfolglos ist, muss das Opfer die Kosten tragen.

 

Privatklage

Die Privatklage kommt bei bestimmten leichten Delikten in Betracht, wenn die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren aufgrund fehlenden öffentlichen Interesses (keine Bedeutung für die Allgemeinheit) einstellt und das Opfer auf den Privatklageweg verwiesen hat. In manchen Fällen setzt die Privatklage allerdings voraus, dass zuvor ein Versöhnungsversuch vor einer sogenannten Vergleichsbehörde (Schiedsmann oder Gemeinde) durchgeführt wurde.
Deshalb gelten im Wesentlichen die allgemeinen Verfahrensvorschriften.
Um Privatklage zu erheben, muss ein Antrag bei Gericht in Form einer Anklageschrift gestellt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts gegeben werden. Außerdem sind die Gerichtskosten vorzulegen. Ein Anwalt ist dazu nicht notwendig, allerdings hilfreich für die Formulierung des Antrags sowie für die Wahrnehmung der Rechte des Privatklägers. Kommt es zu einer Privatklage, ist der Privatkläger letztendlich in der Position, die sonst der Staatsanwalt hat. Eine Einschränkung besteht jedoch darin, dass Akteneinsicht nur mithilfe eines Anwalts möglich ist. Eine Privatklage wird vor dem Strafrichter durchgeführt, das Gericht hat nur eine beschränkte Aufklärungspflicht. Das Gericht kann das Verfahren allerdings in jeder Verfahrenslage wegen geringer Schuld einstellen. Auch der Privatkläger kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens jederzeit die Privatklage zurücknehmen. Sobald der Angeklagte in der Hauptverhandlung ausgesagt hat, ist dies jedoch nur noch mit dessen Einverständnis möglich. Außerdem kann der Privatkläger Rechtsmittel einlegen.


ACHTUNG:
bei der Privatklage können Kosten entstehen. Ist die Privatklage erfolglos, muss das Opfer auch die Kosten des Beschuldigten tragen!

 

Strafbefehlsverfahren

Das Strafbefehlsverfahren ist ein vereinfachtes Verfahren, bei dem eine rechtskräftige Verurteilung ohne Hauptverhandlung stattfinden kann. Dieses Verfahren ist nur möglich, wenn eine geringe Strafe erwartet wird und das Amtsgericht zuständig ist. Zu dem Verfahren kommt es, wenn der Staatsanwalt am Ende des Ermittlungsverfahrens ein Strafbefehl beantragt. Dieser wird dem Beschuldigten zugestellt. Legt der Beschuldigte gegen den Strafbefehl Einspruch ein, wird eine Hauptverhandlung durchgeführt.
 

 

Was passiert, wenn eine Anklage erhoben wird?

Erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, dann beginnt das Verfahren vor dem Gericht. Zunächst prüft das Gericht, bei dem die Anklage eingereicht wurde, folgende Fragen: Wurde Anklage bei dem tatsächlich zuständigen Gericht erhoben? Wurden die notwendigen Formalien der Anklageschrift gewahrt? Ist die Verurteilung des Angeschuldigten wahrscheinlich? Dieses Stadium nennt man Zwischenverfahren. Anschließend beginnt das Hauptverfahren.

 

Amtsgericht

Es gibt drei unterschiedliche Besetzungen beim Amtsgericht.

  • Strafrichter: Der Strafrichter entscheidet allein, wenn ein Strafmaß von nicht mehr als zwei Jahren zu erwarten ist oder eine Privatklage vorliegt.
  • Schöffengericht: Das Schöffengericht ist zuständig, wenn ein Strafmaß zwischen zwei und vier Jahren zu erwarten ist.
  • Erweitertes Schöffengericht: Wenn eigentlich das Schöffengericht zuständig ist, der Staatsanwalt aber einen Antrag auf die Hinzuziehung eines weiteren Richters beantragt, dann ist das erweiterte Schöffengericht zuständig.
Landgericht

Es gibt zwei unterschiedliche Besetzungen beim Landgericht.

  • Große Strafkammer: Die große Strafkammer ist zuständig, wenn eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist. Außerdem kann der Staatsanwalt bei Fällen, die eigentlich vor dem Amtsgericht verhandelt werden sollen, Anklage bei der großen Strafkammer erheben. Mögliche Gründe hierfür sind die besondere Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, der besondere Umfang oder die besondere Bedeutung des Falles.
  • Schwurgericht: Das Schwurgericht ist zuständig, wenn eine Straftat verhandelt wird, die in einem besonderen Katalog im Gerichtsverfassungsgesetz aufgeführt wird. Das sind die sogenannten Kapitalverbrechen wie zum Beispiel Mord, Totschlag, Raub mit Todesfolge, Körperverletzungen mit Todesfolgen oder sexueller Missbrauch mit Todesfolge.
Oberlandesgericht

Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts hängt von einem Katalog von bestimmten Straftaten ab. Das sind insbesondere Staatsschutzdelikte.

 

Kann ich mich als Opfer am Verfahren beteiligen?

Als Verletzter einer Straftat ist man zunächst als Zeuge am Verfahren beteiligt. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht jedoch die Möglichkeit Nebenklage zu erheben und damit eine aktive Rolle im Prozess einzunehmen. Man kann während des gesamten Strafverfahrens als Nebenkläger beitreten, sinnvoll ist allerdings eine möglichst frühe Beteiligung.

Als Nebenkläger wird man zum Beteiligten im Strafverfahren und hat mehr Rechte als ein normaler Zeuge. Man muss keinen Anwalt beauftragen. Zur Wahrnehmung seiner Nebenklagerechte ist es jedoch hilfreich, einen Anwalt zu Rate zu ziehen, der einen bei der Wahrnehmung seiner Rechte unterstützt.

Die Gerichtsverhandlung

Was geschieht nach der Erhebung einer Anklage?

Kommt das Gericht bei Überprüfung der Anklageschrift zu dem Ergebnis, dass ein Hauptverfahren durchgeführt werden soll, wird ein Termin für die Hauptverhandlung festgelegt. Dies wird dem Angeklagten und seinem Verteidiger, der Staatsanwaltschaft, dem Nebenkläger, und dessen anwaltlicher Vertretung mitgeteilt. Ist man als Zeuge am Verfahren beteiligt, wird einem der Termin der Hauptverhandlung in der Ladung mitgeteilt.
Ist das Opfer weder als Nebenkläger noch als Zeuge am Verfahren beteiligt, kann ihm auf Antrag in einer verständlichen Sprache der Ort und Zeitpunkt der Hauptverhandlung und die gegen den Angeklagten erhobenen Beschuldigungen mitgeteilt werden.

Wozu findet eine Hauptverhandlung statt?

Auch wenn bereits Polizei und Staatsanwaltschaft die Beweise erhoben und Zeugen vernommen haben, ist es letztlich die Aufgabe des Richters, die Wahrheit zu erforschen und alle hierfür notwendigen Beweise aufzunehmen. Deshalb werden in der Hauptverhandlung auch nochmals alle Beweise aufgenommen und die Zeugen gehört.

Wie viele Richter nehmen am Verfahren teil?

Wie viele Richter in einem Hauptverfahren teilnehmen, hängt davon ab, welche Straftaten vor welchem Gericht verhandelt werden.

Vor dem Amtsgericht
  • Strafrichter: ein Einzelrichter
  • Schöffengericht: ein Richter und zwei Schöffen
  • Erweitertes Schöffengericht: zwei Richter und zwei Schöffen
Vor dem Landgericht
  • Große Strafkammer: drei oder zwei Richter und zwei Schöffen
  • Schwurgericht: drei Richter und zwei Schöffen
Vor dem Oberlandesgericht
  • Senat: drei oder fünf Richter
Vor dem Bundesgerichtshof
  • Senat: fünf Richter

 

Im Gerichtssaal
Wie sieht es in einem Gerichtssaal aus?

Im Gerichtssaal sitzen die Richter und gegebenenfalls auch die Schöffen. Daneben sitzt ein Protokollführer, der das Protokoll über die Verhandlung führt. Außerdem ist immer ein Staatsanwalt anwesend. Sofern ein Sachverständiger am Verfahren beteiligt ist, sitzt er auf der Seite des Staatsanwalts. Gegenüber der Staatsanwaltschaft sitzen der Angeklagte und sein Verteidiger, gegebenenfalls ein Dolmetscher. Wenn der Verletzte als Nebenkläger auftritt, darf er (und sein Rechtsanwalt) während der gesamten Verhandlung anwesend sein und sitzt auf der Seite des Staatsanwalts. Wenn der Nebenkläger einen Dolmetscher benötigt, sitz dieser neben ihm. Ist die Verhandlung öffentlich, können außerdem noch Zuschauer im hinteren Bereich des Sitzungssaals platznehmen.

Die Zeugen befinden sich während der Vernehmung in der Mitte des Raumes. Vor ihrer Vernehmung müssen sie außerhalb des Gerichtssaals warten. Nach der Vernehmung dürfen sie im Zuschauerraum Platz nehmen.

Welche Pflichten habe ich, wenn ich als Zeuge vor Gericht geladen bin?

Wer als Zeuge vor Gericht geladen ist, muss auch erscheinen. Ansonsten können ihm die Kosten auferlegt werden, die er durch sein Fernbleiben verursacht hat. Außerdem kann ein Ordnungsgeld verhängt werden und bei Nichtzahlung droht eine Ordnungshaft. Das Gericht kann fehlende Zeugen auch zwangsweise vorführen lassen.

Vor Gericht ist man grundsätzlich verpflichtet, seine Personalien anzugeben. In bestimmten Fällen gibt es Ausnahmen.

Außerdem muss man vollständig und wahrheitsgemäß aussagen, es sei denn man kann sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht oder ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Entschließt man sich trotz Zeugnisverweigerungsrecht oder Auskunftsverweigerungsrecht zur Aussage, unterliegt diese der Wahrheitspflicht.

Mit einer Falschaussage macht man sich strafbar!
Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz im Strafverfahren

Als Opfer einer Straftat haben Sie die Möglichkeit, Ihre Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz im Strafverfahren geltend zu machen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Ausgleich durch den Täter zu erlangen.

 

Adhäsionsverfahren

 

Als Verletzter müsste man seine Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld normalerweise vor dem Zivilgericht durch eine eigene Klage geltend machen. In diesem Fall trägt das Opfer die Kosten für die Klage zunächst selbst. Eventuell übernimmt eine Rechtsschutzversicherung diese Kosten. Eine Geltendmachung ist aber auch innerhalb des Strafverfahrens – im Rahmen des sogenannten Adhäsionsverfahrens – möglich. In diesem Fall kann das Opfer im Strafverfahren seinen zivilrechtlichen Anspruch geltend machen. Dies ist möglich durch:

  • einen schriftlichen Antrag bei der Staatsanwaltschaft oder beim Gericht,
  • einen mündlichen Antrag bei Gericht,
  • oder einen mündlichen Antrag in der Hauptverhandlung.

Der Adhäsionskläger muss zudem angeben, was er vom Angeklagten erhalten möchte und warum. Das Strafgericht muss jedoch im Gegensatz zum Zivilgericht alle Umstände ermitteln, die für den geltend gemachten Anspruch von Bedeutung sind. Man muss nicht alle Beweismittel benennen können. War der Täter zur Tatzeit minderjährig, ist ein Adhäsionsverfahren allerdings ausgeschlossen.
 

Die Vorteile eines Adhäsionsverfahrens sind:
  • keine Belastung durch ein weiteres zivilrechtliches Verfahren,
  • kein Anwaltszwang,
  • es ist kein Prozesskostenvorschuss notwendig.

Anders als im Zivilprozess ist der Adhäsionskläger Zeuge in eigener Sache und nicht Partei. Soweit nur Schadensersatz verlangt wird, steht die Durchführung des Adhäsionsverfahrens im Ermessen des Gerichtes. Das Gericht kann in diesem Fall das Adhäsionsverfahren ablehnen, wenn es der Meinung ist, dass das Strafverfahren dadurch verzögert wird. Das Gericht muss aber über ein beantragtes Schmerzensgeld entscheiden. Hier darf von einer Entscheidung nur abgesehen werden, wenn der Antrag unzulässig (z.B. zu spät) oder unbegründet ist. Bei einer Schmerzensgeldforderung muss kein konkreter Betrag angegeben werden.

Als Adhäsionskläger kann man an der Verhandlung teilnehmen und sich auch durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies ist aber nicht zwingend notwendig für die Durchführung des Verfahrens. Der Adhäsionskläger hat das Recht, vom Gericht angehört zu werden und für das Verfahren erforderliche Fragen und Anträge zu stellen. Je nach den Ergebnissen kann das Gericht dem Opfer den Ersatz des Schadens ganz oder nur teilweise zusprechen.

Außerdem besteht auch die Möglichkeit, dass das Gericht ein sogenanntes „Grundurteil” fällt. Darin wird lediglich festgelegt, dass eine Verletzung stattgefunden hat und der Täter zum Schadenersatz verpflichtet ist. In einem gesonderten Verfahren vor dem Zivilgericht muss dann entschieden werden in welcher Höhe Schadensersatz geleistet werden muss. Gegen den zivilrechtlichen Teil des Urteils hat nur der Angeklagte das Recht, Rechtsmittel einzulegen. Auch hierfür sind die Strafgerichte zuständig.

Beim Adhäsionsverfahren können Kosten entstehen. Man kann einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen oder sich bei seiner Rechtsschutzversicherung informieren, ob diese für die Kosten aufkommt. Je nach Ausgang des Verfahrens kann es sein, dass man auch die Kosten des Täters tragen muss. Generell besteht im Adhäsionsverfahren ein Kostenrisiko, wenn der Täter nicht zahlungsfähig ist.

Im Adhäsionsverfahren kann das Opfer sich mit dem Täter auch über eine bestimmte Summe einigen und einen sogenannten Vergleich abschließen.

 

Wiedergutmachung

 

Der Richter kann den Täter auch verpflichten, den beim Opfer entstandenen Schaden wiedergutmachen. Dies ist insbesondere bei jugendlichen Tätern möglich. Diese können zu einer Wiedergutmachungsauflage oder -weisung des zivilrechtlichen Schadens verurteilt werden.

 

Normalerweise unterbreitet das Gericht einen Vorschlag für einen Vergleich, wenn Opfer und Täter dies beantragen. Der Vergleich ist als zivilrechtlicher Titel durchsetzbar (vollstreckbar).

 

 

Täter-Opfer-Ausgleich

 

Eine weitere Möglichkeit bietet der sogenannte Täter-Opfer-Ausgleich (TOA), der jedoch nicht zwingend in der Zahlung einer Geldsumme als Ausgleich für die zivilrechtlichen Ansprüche besteht. Der TOA findet nicht vor Gericht, sondern vor einer unparteiischen Schlichtungsstelle statt. Im Mittelpunkt steht ein Ausgleichsgespräch, bei dem der Verletzte verschiedene „Ausgleichsleistungen” mit dem Täter vereinbaren kann. Möglich ist die Vereinbarung einer Geldzahlung, ebenso auch eine Entschuldigung oder ein andere Geste zum Ausgleich der erlittenen Straftat. Der TOA setzt die Freiwilligkeit des Opfers und des Täters voraus. Der Ausgleich kann nicht gegen den Willen des Opfers durchgeführt werden. Ist man als Verletzter einer Straftat nicht zu einem TOA bereit, dann darf auch kein TOA durchgeführt werden. Sollte man sich als Verletzter aber dafür entscheiden, darf man auch hier eine Begleitperson mitbringen. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht sollen während des gesamten Verfahrens einen TOA anstreben. Für das Opfer kann der Vorteil eines TOA darin bestehen, dass Ausgleichszahlungen oder Schmerzensgeld schneller zu erhalten sind, die über den zivilrechtlichen Weg nur mühsam zu erlangen sind. Gleichzeitig kann ein Zusammentreffen mit dem Täter außerhalb des Gerichts eine bessere Gesprächsebene bieten. Opfer haben die Möglichkeit, dem Täter das Unrecht aufzuzeigen und die Folgen der Tat zu schildern. Für den Täter kommt eine Strafmilderung und unter Umständen sogar ein Absehen von der Strafe in Betracht. Bei leichteren Straftaten kann das Verfahren auch mit der Auflage eingestellt werden, für das Opfer eine bestimmte Geldleistung zu erbringen.

Um die Ersatzansprüche des Opfers gegen den Täter zu sichern, sind staatliche Ansprüche auf Geldstrafen und Gerichtskosten nachrangig. Erst wenn die Ansprüche des Opfers gegen den Täter erfüllt wurden, ist es möglich staatliche Ansprüche gegen den Täter durchzusetzen. Erst wenn der Täter die Ersatzansprüche des Opfers erfüllt hat, beginnt er mit der Zahlung der Geldstrafen und Gerichtskosten.

Grundsätze der Hauptverhandlung

Für die strafrechtliche Hauptverhandlung gelten mehrere Grundsätze. Diese prägen den Verlauf und die Art und Weise der Verhandlung. Sie gewährleisten, dass das Hauptverfahren einem Rechtsstaat angemessen ist.

 

Unmittelbarkeit:

 

Das Gericht muss sich selbst ein direktes Bild von dem Geschehen machen, um sich ein Urteil bilden zu können. Das heißt: Der Richter muss die ganze Zeit während der Hauptverhandlung anwesend sein. Außerdem sollen immer die tatnächsten Beweismittel herangezogen werden. Das bedeutet: Statt lediglich ein früheres Protokoll über eine Zeugenaussage zu verlesen, muss der Zeuge vorrangig direkt vor Gericht aussagen.

 

Mündlichkeit:

 

Um das Strafverfahren zu kontrollieren und nachvollziehbar zu machen, muss der gesamte Prozess in der Hauptverhandlung mündlich durchgeführt werden. Das bedeutet: Grundsätzlich müssen alle Zeugen mündlich vor Gericht aussagen und alle Schriftstücke müssen vorgelesen werden.

 

Öffentlichkeit:

 

Der Öffentlichkeitsgrundsatz besagt, dass eine Hauptverhandlung grundsätzlich für jedermann zugänglich ist. Auch interessierte Bürger und die Presse dürfen an einer Verhandlung teilnehmen. Zum Schutz der Beteiligten, auch der Zeugen, kann der Öffentlichkeitsgrundsatz aber eingeschränkt werden.

 

In dubio pro reo:

 

Der Grundsatz „in dubio pro reo” heißt übersetzt: „Im Zweifel für den Angeklagten”. Das Gericht handelt nach diesem Grundsatz. Es gilt für jeden Beschuldigten zunächst die Unschuldsvermutung, bis die Schuld zweifelsfrei bewiesen werden konnte.

 

Fair Trial:

 

Jedes Verfahren muss fair und rechtsstaatlich ablaufen. Das besagt der Grundsatz des fair-trial (faires Verfahren).

 

Anspruch auf den gesetzlichen Richter:

 

Dieser Grundsatz besagt, dass der Staat bereits im Vorfeld festlegen muss, welcher Richter für welches Verfahren zuständig sein wird, ohne zu wissen, um welchen konkreten Fall es sich dabei handeln wird.

 

Anspruch auf rechtliches Gehör:

 

Der Beschuldigte hat das Recht, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und Anträge im Verfahren zu stellen.

Hauptverhandlungstermin

Opfer einer Straftat werden in der Regel als Zeuge zur Hauptverhandlung geladen und damit über den Termin der Hauptverhandlung informiert. Sollte der Verletzte einer Straftat ausnahmsweise nicht als Zeuge geladen sein, dann wird er auch auf Antrag über den Termin der Hauptverhandlung in Kenntnis gesetzt.

Er kann diesen Antrag schon bei der Anzeigeerstattung, aber auch bei einer Vernehmung oder per Schreiben an die Staatsanwaltschaft stellen.

Mit folgendem Grund: Wer nicht als Zeuge zur Hauptverhandlung geladen ist, ist immer noch Teil der Öffentlichkeit und damit wie jedermann zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt. Dies gilt für das Opfer einer Straftat selbst im Verfahren gegen einen Minderjährigen, obwohl diese Verhandlungen normalerweise nicht öffentlich sind. Opfer die zur Nebenklage berechtigt sind, haben weitergehende Rechte.

Ihre Ladung zur Hauptverhandlung

Lesen Sie sich die Ladung genau durch,
hier einige Tipps:

  1. Es ist ratsam rechtzeitig zu Gericht zu kommen, wenn Sie zu einem Termin geladen sind, da es bei Sicherheitskontrollen zu Verzögerungen kommen kann.
  2. Bringen Sie keine spitzen Gegenstände oder Flüssigkeiten mit, andernfalls müssen Sie solche bei der Sicherheitskontrolle des Eingangsbereiches abgeben. Es gelten ähnliche Regeln wie am Flughafen.
  3. Die Hauptverhandlung beginnt damit, dass die Sache aufgerufen wird. Der Richter stellt fest, ob alle Personen die geladen sind, auch erschienen sind. Danach müssen alle Zeugen den Gerichtssaal verlassen. Warten Sie vor dem Gerichtssaal, bis Sie vom Richter aufgerufen werden. Wenn Sie Angst haben, auf die Beschuldigte/den Beschuldigten zu treffen, kontaktieren Sie rechtzeitig eine Opferhilfeorganisation, zum Beispiel: den WEISSEN RING. Eine Mitarbeiterin/ein Mitarbeiter kann Sie begleiten und mit Ihnen an einem Ort warten, wo Sie vor einer Begegnung mit der Beschuldigten/dem Beschuldigten sicher sind
  4. Es kommt häufig vor, dass eine Verhandlung verspätet beginnt. Rechnen Sie mit Wartezeiten und bringen Sie eine Person Ihres Vertrauens mit, die Sie währenddessen unterstützen kann.
Ihre Rechte als Opfer in der Hauptverandlung
Recht auf Schutz und Rücksichtnahme
  • Das Gericht muss auf Ihre Rechte und Interessen angemessen Rücksicht nehmen.
  • Bei jeder Befragung sind Ihre persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit es die Wahrheitsfindung erlaubt.
Recht auf Unterstützung
  • Als Opfer darf man zur eigenen Unterstützung einen Anwalt oder eine Vertrauensperson zur Vernehmung in der Hauptverhandlung mitnehmen.
Recht auf Schutz der Privatsphäre
  • Eine direkte Gegenüberstellung mit dem Angeklagten kann in absoluten Ausnahmefällen vermieden werden durch eine gleichzeitige Videoübertragung, die Aufzeichnung Ihrer Vernehmung vor der Hauptverhandlung oder das Entfernen des Angeklagten aus dem Gerichtsaal.
  • In schwerwiegenden Ausnahmesituationen kann eine Aussage vor Gericht vermieden werden und durch eine Videovernehmung oder das Verlesen eines früheren Protokolls ersetzt werden.
  • Es besteht in Ausnahmefällen die Möglichkeit ohne Angabe Ihrer persönlichen Daten auszusagen.
  • Zum Schutz der Privatsphäre sind Fernseh- und Hörfunkaufnahmen und übertragungen, sowie Film und Fotoaufnahmen nach Beginn der Verhandlung verboten.
  • Wenn Umstände aus Ihrem persönlichen Lebensbereich angesprochen werden, kann von Amts wegen oder auf Antrag die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Generell soll aber auf Fragen zum persönlichen Lebensbereich verzichtet werden, außer sie sind zur Sachverhaltsaufklärung unerlässlich.
  • Bei einem minderjährigen Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gegen das Leben, die persönliche Freiheit oder wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen soll auf Antrag die Hauptverhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.
  • Die Öffentlichkeit kann auch ausgeschlossen werden, wenn zum Beispiel eine Gefährdung von Leib oder Leben des Zeugen oder einer anderen Person zu befürchten ist.

 

Das Recht auf Distanz zu dem Beschuldigten:

 

  • Ausschluss des Angeklagten von der Verhandlung:
    Grundsätzlich hat der Angeklagte die Pflicht, während der gesamten Hauptverhandlung anwesend zu sein. Das Gericht kann den Angeklagten jedoch in gewissen Fällen während der Vernehmung des Opfers ausschließen:
    • Wenn ein minderjähriges Opfer aussagt und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die Anwesenheit des Beschuldigten erhebliche Nachteile für das körperliche und seelische Wohl des Kindes zu erwarten sind.
    • Wenn für einen erwachsenen Zeugen eine dringende Gefahr für erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen besteht.

Nach der Rückkehr des Angeklagten in den Sitzungssaal ist dieser über den wesentlichen Inhalt des Geschehenen und Gesagten zu informieren.

  • Videovernehmung: Es besteht die Möglichkeit einer Videoaufzeichnung/-vernehmung, um das Opfer einer Straftat vor wiederholten Befragungen oder erneuter Gegenüberstellung mit dem Täter zu schützen.

     



    Zum einen ist die Videoaufzeichnung einer Zeugenaussage bereits im Ermittlungsverfahren möglich. Sie kann unter Umständen eine spätere Vernehmung in der Hauptverhandlung ersetzen. Bei Opfern unter 18 Jahren oder bei Zeugen, die krank sind oder im Ausland leben, soll bereits im Ermittlungsverfahren eine solche Videoaufzeichnung erfolgen. Für Opfer von Sexualdelikten ist diese sogar obligatorisch.

    Zum anderen lässt sich die Vernehmung in der Hauptverhandlung in Form einer Videokonferenz durchführen: Der Zeuge befindet sich dabei an einem anderen Ort, während alle anderen Verfahrensbeteiligten im Gerichtssaal anwesend sind. Der Zeuge wird durch Bild- und Tonübertragung vernommen, so dass die besonderen Fragerechte der Anwesenheitsberechtigten gewahrt bleiben. Eine Videokonferenz kommt in Betracht, wenn durch eine normale Vernehmung die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl der Zeugen besteht. Dies ist vor allem der Fall bei der Vernehmung von Kindern, die von der Situation im Gerichtssaal eingeschüchtert werden und körperliche oder seelische Schäden erleiden können. Eine solche Gefahr kann aber auch Erwachsenen drohen, insbesondere wenn sie Opfer einer schweren Gewalttat geworden sind.

 

Recht auf rechtliches Gehör:

Jedem Verletzten ist bei der Vernehmung in der Hauptverhandlung Gelegenheit zu geben, sich zu den Auswirkungen, die die Tat auf ihn hatte, zu äußern.

 

  • Bei der Vernehmung als Zeuge hat das Opfer ein Recht auf angemessene Behandlung. Insbesondere sollen Fragen zu seinem persönlichen Lebensbereich oder den eines Angehörigen nur gestellt werden, wenn diese zur Wahrheitsfindung zwingend erforderlich sind. Gleiches gilt für Fragen, die für ihn oder einen Angehörigen ehrverletzend sein können.
  • Zeugen unter 18 Jahren dürfen grundsätzlich nur vom Richter vernommen werden.
  • Beantragt das Opfer im Laufe des Verfahrens die Zulassung als Nebenkläger bekommt es mit der Zulassung weitergehende Rechte. Dann kann z. B. beantragt werden, eine Übersetzung der schriftlichen Unterlagen übersetzt zu erhalten, die zur Ausübung der Rechte erforderlich sind. Alle Dokumente der Akte werden aber nicht übersetzt.
  • Jedem Zeugen, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, ist ein Dolmetscher zur Seite zu stellen.

 

Ablauf der Verhandlung

Wie kann ich mir den Ablauf einer Gerichtsverhandlung vorstellen?

Die Hauptverhandlung beginnt, indem der Richter die Strafsache gegen den Angeklagten aufruft. Dann betreten alle Beteiligten den Saal und der Richter stellt die Anwesenheit fest. Anschließend müssen die Zeugen den Gerichtssaal verlassen. Sie sollen vor ihrer Aussage nicht durch das Geschehen im Gerichtssaal beeinflusst werden. Daraufhin wird der Angeklagte zu seiner Person vernommen. Anschließend liest der Staatsanwalt die Anklage vor, in der festgehalten ist, welche Straftaten dem Angeklagten vorgeworfen werden. Daraufhin kann sich der Angeklagte zu den Vorwürfen äußern. Dann beginnt die Beweisaufnahme. Dazu wird der Zeuge aufgerufen, über seine Rechte und Pflichten belehrt und vernommen. Andere Beweisstücke – zum Beispiel Urkunden oder Dokumente – werden vor Gericht gezeigt. Gegebenenfalls wird auch ein sachverständiger Gutachter befragt. Nach der Beweisaufnahme dürfen der Staatsanwalt, der Nebenkläger beziehungsweise sein Vertreter und der Verteidiger ihre Schlussplädoyers halten. Der Angeklagte hat das letzte Wort. Nach der geheimen Beratung des Gerichts wird anschließend das Urteil verkündet. Eine Gerichtsverhandlung kann sich auch über mehrere Tage hinziehen. Die Länge der Verhandlung wird maßgeblich durch den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt.

 

Ihre Zeugenvernehmung

Wie verläuft eine Zeugenvernehmung?

Als Zeuge wartet man während der Hauptverhandlung vor dem Gerichtssaal, bis man aufgerufen wird. Wird man aufgerufen, betritt man den Gerichtssaal und setzt sich an einen Tisch, der direkt gegenüber dem Richter steht.

Dann prüft der Richter die Identität des Zeugen. Dazu müssen Name, Alter, Beruf, Wohnort, Beziehung zum Beschuldigten oder Verletzten genannt werden. Anschließend erfolgt die Belehrung durch den Richter über die Rechte und Pflichten eines Zeugen. Als Zeuge muss man die Wahrheit sagen und kann vereidigt werden. Eine Falschaussage stellt eine Straftat dar. Der Richter belehrt über ein Zeugnisverweigerungsrecht oder Auskunftsverweigerungsrecht. Soweit eines dieser Rechte besteht, kann man seine Aussage verweigern. Sagt man dennoch aus, muss man die Wahrheit sagen. Danach beginnt die Vernehmung. Diese läuft in zwei Teilen ab. Zunächst soll der Zeuge berichten, was er selbst gesehen oder erlebt hat. Es ist wichtig, wahrheitsgemäß auszusagen und Nichts zu verschweigen. Der Richter kann einem Zeugen auch Aussagen von anderen Zeugen vorhalten oder Urkunden oder Bilder zeigen. Ist die Aussage abgeschlossen, können der Richter, der Staatsanwalt aber auch der Angeklagte und sein Verteidiger sowie der Nebenkläger und gegebenenfalls der Sachverständige noch weitere Fragen stellen. Wenn Kinder oder Jugendliche als Zeugen aussagen müssen, erfolgt die Befragung grundsätzlich durch den Vorsitzenden Richter. Dieser kann jedoch den anderen Verfahrensbeteiligten die direkte Befragung erlauben.

Muss ich zu Gericht kommen,
wenn ich gebrechlich bin oder weit weg wohne?

Grundsätzlich muss man als Zeuge vor Gericht erscheinen. In seltenen Fällen kann davon eine Ausnahme gemacht werden. Dies muss der Richter entscheiden. Wenn es beispielsweise wegen des Alters, einer Krankheit oder aus anderen erheblichen Gründen (zum Beispiel bei Wohnsitz im Ausland) nicht möglich ist vor Gericht zu erscheinen, kann eine Videoübertragung angeordnet werden. Auf diese Weise erübrigt sich ein persönliches Erscheinen vor Gericht. Außerdem kann unter bestimmten Voraussetzungen die Vernehmung eines Zeugen vor Gericht durch Verlesen des Protokolls seiner früheren Aussage ersetzt werden.

Was kann ich als Opfer tun,
wenn ich Angst vor der Verhandlung habe?

Jedes Opfer hat die Möglichkeit sich von einer Vertrauensperson, einem Rechtsanwalt oder einem psychosozialen Prozessbegleiter zur Gerichtsverhandlung begleiten zu lassen. Um in bestimmten, schwerwiegenden Ausnahmesituationen zu vermeiden, dass das Opfer im Gerichtssaal aussagen muss, kann der Richter eine Videovernehmung anordnen.

Kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden?

Grundsätzlich ist ein Gerichtsverfahren öffentlich. Hierbei handelt es sich sogar um einen Prozessgrundsatz. Die Öffentlichkeit kann auf Antrag von der Hauptverhandlung ausgeschlossen werden, wenn es andernfalls zu einer Verletzung schutzwürdiger Interessen kommen würde, weil persönliche Lebensbereiche des Opfers oder eines anderen Prozessbeteiligten erläutert werden. So etwa bei Ausführungen zu intimen Details aus dem Familienleben des Opfers oder wenn eine Bedrohung für Leib, Leben oder die persönliche Freiheit einer Person besteht. Auch sollen die besonderen Belastungen einer öffentlichen Hauptverhandlung für Minderjährige berücksichtigt werden und die Öffentlichkeit hier vor allem bei schweren Straftaten ausgeschlossen werden. Ferner kommt ein Öffentlichkeitsausschluss in Frage, wenn zum Beispiel wichtige Geschäftsgeheimnisse zur Sprache kommen.

Ersatz von Aufwendungen

Sofern das Opfer in der Hauptverhandlung als Zeuge geladen wird, hat es einen Anspruch auf Erstattung der entstandenen Kosten wie etwa:

  • notwendige, tatsächliche Fahrtkosten,
  • Verdienstausfall,
  • eine Aufwandsentschädigung (wenn der Termin weder am Wohn- noch am Arbeitsort des Zeugen stattfindet),
  • gegebenenfalls Übernachtungskosten
  • gegebenenfalls sonstige Auslagen, sofern diese notwendig waren.

Zur Erstattung dieser Kosten hat der Betroffene innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach seiner Vernehmung einen schriftlichen Antrag an die Stelle zu richten, die ihn als Zeugen herangezogen hat. Beizulegen sind gegebenenfalls eine vom Arbeitgeber ausgefüllte und unterschriebene Verdienstausfallbescheinigung, die Ladung sowie sonstige Belege wie etwa Fahrkarten. Falls hohe Kosten entstehen, kann auf Antrag ein Vorschuss bewilligt werden.

10 Tipps für Zeugen und Opfer
  1. Haben Sie keine Angst vor der Vernehmung, Sie sind hier nicht in der Position des Angeklagten. Ihre Aufgabe als Zeuge ist es, das zu erzählen, was Sie selber gesehen oder erlebt haben.
  2. Hören Sie aufmerksam der Frage zu.
  3. Nehmen Sie sich Zeit, bevor Sie antworten.
  4. Beantworten Sie ruhig und klar die Fragen.
  5. Berichten Sie nur, über das, was Sie selbst gehört oder gesehen haben.
  6. Wenn Sie sich an etwas nicht mehr erinnern können, geben Sie dies ruhig zu. Es ist normal, dass Sie sich an Details vielleicht nicht mehr erinnern können, aber erfinden Sie nichts dazu.
  7. Haben Sie keine Angst vor den Fragen des Verteidigers. Manche Fragen sind vielleicht Teil der Verteidigungsstrategie. Es ist schließlich seine Aufgabe, seinen Mandanten zu vertreten.
  8. Nach der Vernehmung können Sie den Gerichtsaal verlassen oder auch bis zum Ende der Verhandlung im Zuschauerraum Platz nehmen, sofern öffentlich verhandelt wird.
  9. Wird der Angeklagte freigesprochen, bedeutet dies nicht, dass man Ihnen nicht geglaubt hat. Häufig war die Beweislage nicht ausreichend.
  10. Wenn Sie vor oder nach Ihrer Vernehmung bedroht oder angegriffen werden, melden Sie dies sofort dem Richter oder der Polizei!

 

Wenn Sie noch Fragen haben…

wenden Sie sich an das Opfertelefon 116 006 oder besuchen Sie die Homepage des WEISSEN RINGS

Kriminalitätsopfer und Interessierte können die Rufnummer 116 006 aus jedem Ort Deutschlands kostenfrei anwählen (aus dem Ausland kostenpflichtig unter +49 116 006).

Sie finden dort Gesprächspartner, die ihnen Informationen zu Hilfsmöglichkeiten geben können. Dort erhalten Sie auch Kontaktdaten von spezialisierten Beratungsstellen und von örtlichen Ansprechpartner des WEISSEN RINGS.

 

Das Urteil

Wann fällt das Gericht sein Urteil und woraus besteht es?

Am Ende der Hauptverhandlung verkündet das Gericht ein Strafurteil. Darin wird entschieden, ob der Angeklagte für die ihm angelastete Tat schuldig gesprochen oder freigesprochen wird. Auf Antrag wird das Opfer über den Ausgang des Verfahrens informiert.

Sofern der Angeklagte schuldig gesprochen wird, geben die Richter im Urteil bekannt, wegen welcher Delikte sich der Täter strafbar gemacht hat. In der Urteilsbegründung wird erläutert, aus welchen Gründen das Gericht zu dieser Entscheidung kam. Außerdem wird die Strafe des Täters festgesetzt und ihre Art und Höhe begründet. Das Urteil regelt auch, wer die Kosten des Verfahrens tragen muss.

 

Welche Strafen gibt es?

 

Im deutschen Strafrecht gibt es zwei Hauptstrafen: die Freiheitsstrafe und die Geldstrafe.

Eine Freiheitsstrafe wird im Gefängnis vollstreckt. Die Mindestdauer beträgt einen Monat. Als Maximalstrafe kennt das deutsche Strafrecht die lebenslange Freiheitsstrafe. Hat der Täter 2/3 seiner Freiheitsstrafe – mindestens aber zwei Monate – verbüßt und eine günstige Sozialprognose, dann kann er früher aus dem Strafvollzug zur Bewährung entlassen werden. Dies nennt man Strafrestaussetzung zur Bewährung.

Die Freiheitsstrafe kann auch zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Gericht kann dem Verurteilten für die Bewährungszeit Auflagen und Weisungen erteilen. Das Gericht kann dem Verurteilten insbesondere auferlegen, den verursachten Schaden wiedergutzumachen. Nach Ablauf einer erfolgreichen Bewährungszeit wird dem Täter die restliche Strafe erlassen.

Hält sich der Verurteilte nicht an seine Bewährungsauflagen oder begeht er eine weitere Straftat während seiner Bewährungszeit, so kann die Bewährung widerrufen werden. Die Freiheitsstrafe wird dann im Strafvollzug vollstreckt.

Eine Geldstrafe wird nach Tagessätzen verhängt. Das bedeutet, der Verurteilte muss für eine bestimmte Tageszahl – mindestens 5, maximal 360 – einen bestimmten Geldbetrag bezahlen, der sich nach seinem Einkommen und seinen persönlichen Verhältnissen richtet. Diese Geldstrafe wird an den Staat gezahlt, ist also keine Schadenersatz- oder Wiedergutmachungszahlung für die Verletzten. Sofern der Verurteilte seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, droht eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe.

Nach welchen Kriterien legt das Gericht die Strafhöhe fest?

Das Gesetz bestimmt für jedes Delikt einen Strafrahmen, der eine Mindest- und Maximalstrafe enthält. Welche Strafe für einen angeklagten Täter angemessen ist, bestimmen die Richter im Wege der Strafzumessung. Dabei werden Unrecht und Schuld der Tat beurteilt. Dazu sind im Gesetz teilweise spezielle Erschwernis- oder Milderungsgründe vorgesehen. Berücksichtigt werden dabei unter anderem die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, das künftige Leben des Täters, sein Vorleben, sein Verhalten während der Verhandlung auch gegenüber dem Opfer, seine Reumütigkeit oder sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen.

 

Rechtsmittel gegen ein Strafurteil – Wie kann ein Urteil angegriffen werden?

Es gibt mehrere Möglichkeiten gegen ein Urteil vorzugehen.

 

Die Berufung:

Hat das Amtsgericht ein Urteil in erster Instanz gefällt, kann gegen dieses Urteil mit der Berufung vorgegangen werden. Mit der Berufung wird geltend gemacht, dass das Urteil unrichtig ist. Dieser Fehler kann entweder auf einer falschen oder unzureichenden Ermittlung des tatsächlichen Sachverhaltes beruhen oder auf einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung. Somit können auch neue Beweise vorgetragen werden. Berufung kann durch den Angeklagten, den Staatsanwalt, den Privatkläger und in bestimmten Fällen auch durch den Nebenkläger eingelegt werden. Berufungsgericht ist das Landgericht. Berufung muss man innerhalb einer Woche bei Gericht einlegen, das das Urteil gesprochen hat. Ist die Berufung erfolgreich, wird das Urteil aufgehoben und durch eine Entscheidung des Berufungsgerichts ersetzt.

 

Die Revision:

Mit der Revision kann man die erstinstanzlichen Urteile des Amtsgerichts, Landgerichts und Oberlandesgerichts sowie Berufungsurteile angreifen. Mit einer Revision kann man geltend machen, dass die rechtliche Würdigung fehlerhaft war, das Urteil also auf einem Rechtsfehler beruht. Ein solcher Fehler kann zum Beispiel darin liegen, dass ein Zeuge nicht richtig belehrt wurde oder ein Beweisverwertungsverbot nicht beachtet wurde. Auch eine Revision mussinnerhalb einer Woche bei dem Gericht eingelegt werden, das das Urteil gesprochen hat. Sie kann aber innerhalb eines Monats noch begründet werden. Zur Revision berechtigt sind ebenfalls der Verurteilte, die Staatsanwaltschaft, der Nebenkläger und der Privatkläger. Revisionsgericht ist das Oberlandesgericht und der Bundesgerichtshof.

Kann ich als Opfer ein Strafurteil angreifen?

Als Opfer kann man nur dann ein Strafurteil angreifen, wenn man als Nebenkläger oder Privatkläger am Verfahren beteiligt ist. Der Nebenkläger kann das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Strafe verhängt wird. Die Nebenklage hat aber die Befugnis, gegen einen Freispruch ein Rechtsmittel einzulegen.

Ab wann kann eine Strafe vollstreckt werden?

Eine Strafe kann erst dann vollstreckt werden, wenn nicht mehr gegen das Urteil vorgegangen werden kann. Wurde ein Urteil mit Rechtsmitteln angegriffen, dann müssen das Berufungsverfahren und gegebenenfalls das Revisionsverfahren abgeschlossen sein. Ansonsten kann ein Urteil vollstreckt werden, wenn die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, wenn man also nicht mehr gegen das Urteil vorgehen kann. Verzichten alle Beteiligten nach Verkündung des Urteils auf ein Rechtsmittel, so wird das Urteil sofort rechtskräftig und kann vollzogen werden.

Wurde der Täter zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt, dann wird dem Verurteilten mitgeteilt, wann und wo er seine Strafe antreten muss. Zwischen Verurteilung und Beginn der Freiheitsstrafe kann somit noch eine Zeit verstreichen. Tritt der Verurteilte diese Strafe nicht freiwillig an, kann er auch verhaftet werden.

War der Verurteilte allerdings schon vor der Verhandlung in Untersuchungshaft, dann wird er meist direkt in die Strafvollzugsanstalt verlegt.

 

Freiheitsentziehende Maßnahmen:

 

  • Jedes Opfer kann beantragen, dass ihm mitgeteilt wird, ob gegen den Täter freiheitsentziehende Maßnahmen wie eine Gefängnisstrafe angeordnet oder ob solche Maßnahmen beendet wurden.
  • Ebenfalls kann das Opfer beantragen, informiert zu werden, wenn dem Täter erstmalig Vollzugslockerungen oder Urlaub gewährt werden. Voraussetzung ist ein berechtigtes Interesse des Opfers an diesen Informationen. Ein solches berechtigtes Interesse brauchen Opfer von bestimmten schweren Delikten nicht nachzuweisen. Hierzu gehören zum Beispiel Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Menschenhandel und Nachstellung. Der Herausgabe dieser Informationen darf jedoch kein schutzwürdiges Interesse des Verurteilten entgegenstehen.
  • Auf Antrag wird das Opfer darüber informiert, wenn der Täter aus dem Vollzug geflohen ist und welche Maßnahmen zu seinem Schutz ergriffen worden sind.
  • Auf Antrag ist das Opfer auch über erneute Vollzugslockerungen und Urlaub des Täters aus der Haft in Kenntnis zu setzen, wenn dafür ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Allerdings darf auch hier schutzwürdiges Interesse des Verurteilten entgegenstehen.
  • Darüber hinaus kann das Opfer von der Vollzugsanstalt Auskunft über die Entlassungsadresse und die Vermögensverhältnisse des Täters erhalten. Diese Informationen müssen jedoch erforderlich sein, um Rechtsansprüche im Zusammenhang mit der Straftat durchzusetzen.

Kontaktverbot:

Auf Antrag ist dem Opfer einer Straftat mitzuteilen, ob der Verurteilte angewiesen wurde, keinen Kontakt zum Opfer aufzunehmen.

Rückgabe einer Sache nach Sicherstellung beziehungsweise Beschlagnahme

Eine Sache, die dem Opfer gehört und die innerhalb des Strafverfahrens z.B. als Beweismittel beschlagnahmt oder sichergestellt wurde, erhält das Opfer spätestens mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils zurück.

Unter Umständen kann man eine beschlagnahmte Sache oder sichergestellte Sache auch schon zu einem früheren Zeitpunkt zurückbekommen, nämlich wenn die Sache keine Beweisbedeutung für das Verfahren mehr hat.