Nach oben Site Map Verlassen
Psychisches Trauma
     
 

Betroffene von Straftaten tragen in der Regel eine Vielzahl von Konsequenzen. Manche Konsequenzen sind offen erkennbar und auch für Außenstehende unmittelbar nachvollziehbar, dazu gehören finanzielle Schädigungen, aber auch körperliche Verletzungen. Zumeist unentdeckt und häufig auch durch Außenstehende nicht erkennbar sind die psychischen Folgen für die Betroffenen.

Menschen die durch Verbrechen zum Opfer gemacht wurden und ein psychisches Trauma erleiden, beschreiben ihr Befinden oft mit folgenden Worten:

 

                                                             „Nichts ist mehr so, wie es vorher war!”

 

Das heißt, dass das Erleben der Betroffenen sich fundamental verändert hat und bspw. früher wertvolle Tätigkeiten, Personen oder Dinge ihre Bedeutung für die Betroffenen verloren haben können. Manchmal wirkt der Betroffene auf Außenstehende auch verändert, weil sich das sichtbare Verhalten nicht mehr mit dem bekannten gleicht.

Die Ursache für die gerade beschriebenen Konsequenzen kann ein psychisches Trauma sein. Das Wort „Trauma” kommt aus dem Griechischen und bedeutet in etwa Verletzung. Bei den erlebten psychischen Folgen sprechen wir zunächst von Traumafolgestörungen und bei gewisser symptomatischer Ausprägung auch von der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).

In der ICD-11 werden Auslöser für ein Trauma als „ein Ereignis oder eine Serie von Ereignissen von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß“ definiert (WHO, 2019).  Im DSM-5 werden Traumata als „Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt“ beschrieben (APA, 2013).

Diese Definitionen zeigen die herausragende Bedrohlichkeit der erlebten Situation für die Betroffenen auf. Daraus lässt sich das von Betroffenen vielfach beschriebene Gefühl der absoluten Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins gut ableiten und nachvollziehen. In der Fachliteratur wird dies unter anderem als „posttraumatische Erschütterungen des Selbst- und Menschenbildes“ beschrieben (Gysi, 2021).  

Bei Straftaten wird ein Mensch Opfer eines anderen Menschen. Aus diesem Grund kann eine nachvollziehbare Reaktion der Betroffenen sein, ein großes Misstrauen gegenüber anderen zu entwickeln. Dies kann im Extremfall aber zu einem völligen Rückzug aus der Gesellschaft führen, was weitere psychische und psychosoziale Folgen nach sich ziehen kann.

Häufig entsteht aber auch ein Gefühl der überdauernden Hilflosigkeit bei den Betroffenen. Dies kann letztlich die Fähigkeit, das eigene Leben zu bewältigen, massiv einschränken. Eine normale Lebensführung, die Ausübung eines Berufs oder eines Hobbies sind vielen Betroffenen nicht mehr möglich.

Betroffene von Straftaten leiden häufig an Folgen, in denen Körper und Seele sich wechselseitig beeinträchtigen. In diesem Fall spricht man von psychosomatischen Folgen, also an starken körperlichen Reaktionen auf seelische Belastungen. Bestimmte Reize wie etwa ein Geräusch, das an die Tat erinnert, lösen nicht nur Erinnerungen aus. Sie bewirken auch Stressreaktionen im Körper, zum Beispiel Herzrasen oder steigenden Blutdruck. Dies wiederum kann zu Ängsten führen, die sich auf die wahrgenommenen körperlichen Veränderungen beziehen. So können regelrechte Teufelskreise entstehen, aus denen Betroffene sich alleine kaum oder gar nicht mehr lösen können.

Sollten Sie von Straftaten betroffen worden sein und Veränderungen an sich feststellen, nehmen Sie diese ernst. Psychische Erkrankungen infolge von außergewöhnlichen Belastungen können chronifizieren, was in der Folge auch zur Ausprägung weiterer psychischer (und körperlicher) Erkrankungen führen kann. Die Entwicklung ist meist schleichend und verläuft über einen längeren Zeitraum.

 
     
 
 
     
 
3 Phasen:
  • Das traumatische Ereignis löst zunächst eine Schockreaktion aus. Diese äußert sich in Aufgeregtheit, Verwirrtheit oder Traurigkeit, in der Unfähigkeit, sich an wichtige Daten zu erinnern, in Wutgefühlen oder Betäubtsein. Dieser Zustand kann von einer Stunde bis zu mehreren Tagen dauern.
  • Darauf folgt die Einwirkphase des Traumas, die zwei bis vier Wochen anhalten kann. In dieser Phase klingen akute Belastungsreaktionen ab, die Betroffenen sind jedoch von dem Ereignis innerlich noch völlig in Anspruch genommen. Starke Selbstzweifel treten auf, häufig auch Hoffnungslosigkeit, Depressionen, Gefühle der Ohnmacht und einer überschatteten Zukunft. Manche haben Schuldgefühle wegen vermeintlicher eigener Fehler, es kann aber auch zu Wutanfällen und heftigen Anschuldigungen gegen mögliche Verursacher/innen kommen.
  • In der anschließenden Erholungsphase beginnen sich einige Betroffene vom Trauma zu erholen. Noch immer ist das traumatische Ereignis von zentraler Bedeutung. So kann es lange dauern, bis es verarbeitet ist, also in die Sicht der Welt und in das Verständnis der eigenen Person einbezogen ist.
 
     
 
Der Traumatisierte ist nicht verrückt, sondern er reagiert normal auf ein verrücktes Ereignis.